RHN 132/2018 | Call
Organisers: Lehrstuhl für Europäische Ethnologie/Volkskunde der Universität Würzburg in Kooperation mit der Landesstelle Berlin-Brandenburgische Volkskunde am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin und der Kommission Kulturanalyse des Ländlichen der dgv
4-6 April 2019, Würzburg, Germany
Deadline for abstract submissions: 10 December 2018
Call for Papers:
Ländliches vielfach!
Leben und Wirtschaften in erweiterten sozialen Entitäten
Unter der Perspektive „Ländliches vielfach!“ öffnet die Tagung einen disziplinär weiten Blick auf die Vielheit unterschiedlicher Lebens- und Arbeitsgemeinschaften von Menschen, Tieren, Pflanzen sowie Materialitäten (inklusive Bauten, Technologien etc.). Ansätze einer Kulturanalyse ländlicher Ökonomien aus dem Kontext der Rural Studies werden verbunden mit den neueren Zugängen einer Multispecies Ethnography. Im Fokus stehen im Sinne Bruno Latours, Donna Haraways und anderer posthumanistischer Theoretiker*innen erweiterte soziale Entitäten. Damit werden auch die Handlungs- und Wirkmacht bzw. die Effekte anderer als menschlicher Akteur*innen in ihrer Relevanz für die gemeinsame Entwicklung anerkannt. Zugleich sehen wir eine Besonderheit dieser Arbeits- und Lebensgemeinschaften in ihrer Verbindung von Wirtschaften und weiterer Alltagsgestaltung. Was wirtschaftliches Handeln in erweiterten sozialen Entitäten sowohl in historischer als auch in gegenwärtiger Perspektive jeweils bedeutet, welchen Logiken es dabei folgt und inwieweit dies die Art und Weise des gesellschaftlichen Zusammenlebens insgesamt bestimmt, sind Leitfragen der Tagung. Dabei verstehen wir den Titel „Ländliches vielfach!“ auch als Aufforderung, die Vielheit ländlicher Ökonomien in Gegenwart und Vergangenheit als Möglichkeitsräume für zukünftigen Handelns zu denken.
Sozioökonomische Transformationsprozesse und ökologische Krisen spielen in ländlichen Ökonomien eine Schlüsselrolle. Weltweit manifestiert sich dies gegenwärtig in einem fortschreitenden demographischen und strukturellen Wandel oder in den Folgen einer unter globalem Wachstumsdruck agierenden industrialisierten Landwirtschaft. Hinzu kommen Auswirkungen des Klimawandels wie Wassermangel und zunehmende Unwetter, die u. a. die Sorge um die Sicherstellung der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung vergrößern. Sowohl Folge als auch Teil des weltweiten Wandels ist ein starker Rückgang der Biodiversität. Mit der Frage, wie diesen Herausforderungen in verschiedenen Lebenswelten und Arbeitsgemeinschaften begegnet wird, möchte die Tagung auch einen Beitrag zu einer (Neu)Reflektion des Ländlichen leisten. Zugleich erweist sich das, was jeweils als ländlich definiert wird, auch als vorzügliche Arena für Aushandlungen innerhalb menschlicher Gesellschaften. In ländlichen Ökonomien wird Gesellschaft verhandelt, sei es in den möglichen Formen von Teilhabe, mit Blick auf soziale Rollen (gerade im Kontext von Geschlecht) und Machtbeziehungen aller Art (die sich mit Blick auf biopolitische Praktiken nicht nur in die Körper von Tieren und Pflanzen einschreiben).
Auf der Basis eines breiten Verständnisses sowohl ökonomischen Handelns als auch dessen, was jeweils als ländlich gilt, interessieren wir uns für die Gesamtheit ländlichen Wirtschaftens: für klassische Betriebsweisen ebenso wie für alternative land-, forst- und gewässer- bzw. teichwirtschaftliche Formen der Bewirtschaftung; für Möglichkeiten der Energieerzeugung; die Nutzung nachwachsender Roh- und Werkstoffe, touristische Bewirtschaftungen u.a.m. Aufbauend auf Konzepten wie etwa Zygmunt Baumans flüchtige Modernen oder Bruno Latours NatureCultures steht „Ländliches vielfach!“ jenseits vermeintlicher Dichotomien von Stadt und Land, domestiziert und wild, Mensch und Natur für die Vielheit an Definitionen, Praktiken, Wirtschaftsformen, Lebensweisen und Perspektiven der beteiligten Akteur*innen. „Ländliches vielfach!“ fokussiert auf die Pluralität und Heterogenität verschiedener Akteur*innen, aber auch auf die Vielheit der jeweils durch Bewirtschaftung mitgestalteten Räume wie Acker- und Wiesenflächen, Brachen, Siedlungen, Wäldern oder Gewässer.
Trans- und interdisziplinäre Zugänge sollen im Rahmen der Tagung mit denen aus der Europäischen Ethnologie und anderer Wissenschaften zusammengeführt werden. Wir laden daher Angehörige aller im Themenzusammenhang arbeitenden Disziplinen aus den Kultur- und Sozialwissenschaften, aber auch den Agrarwissenschaften, der Geographie, den angewandten Wissenschaften oder andere Expert*innen aus Museen und weiteren Wissenskontexten im Bereich ländlicher Ökonomien zur Teilnahme ein.
Ihr Themenvorschlag mit Abstract sollte uns unter dem Titel „Ländliches vielfach!“ bis zum 10. Dezember erreichen. Bitte senden Sie Ihren Vorschlag an Monika Schäfer, Sekretariat des Lehrstuhls für Europäische Ethnologie/Volkskunde: monika.schaefer@uni-wuerzburg.de. Es sind begrenzte Mittel vorhanden, um Reise- und Aufenthaltskosten von Vortragenden zu bezuschussen; diese Mittel können von Kolleg*innen abgerufen werden, die derzeit nicht in fester institutioneller Anbindung arbeiten.