RHN 27/2025 | Call
Organisers: Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik (GWMZ)
24 – 26 September 2025, TU Dresden, Dresden, Germany
Deadline for Submissions: 28 February 2025
ANIMAL-BASED. Historische Perspektiven auf Tiere in Medizin, Wissenschaft und Technik
Der Vorstand der Gesellschaft für die Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik e.V. (GWMT) lädt in Kooperation mit der TU Dresden zu Vortrags- und Sektionsanmeldungen für die siebte Jahrestagung der Gesellschaft ein. Die Tagung findet vom 24.–26. September 2025 in Dresden statt und hat das Rahmenthema:
"ANIMAL-BASED. Historische Perspektiven auf Tiere in Medizin, Wissenschaft und Technik"
Die Zucht, Haltung und Nutzung von Tieren zur Herstellung von Lebensmitteln, Textilien und Medizinprodukten oder zur Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse sind heute ebenso verbreitet wie umstritten. Aktuell lassen sich gegenläufige Trends beobachten: Einerseits belegt und unterläuft der immer häufigere Vermerk „plant-based“ auf Produkten aller Art die Selbstverständlichkeit von „animal-based“ im globalen Norden und Westen. Andererseits begünstigen Wirtschafts- und Wohlstandswachstum in Ländern des globalen Südens und Ostens eine Ausweitung von Nutztierhaltung und -konsum. Zudem erfahren Wildtiere und ihre Habitate, ihre Rolle bei Zoonosen, ihr Vordringen in neue Räume oder ihre „Hybridisierung“ durch techno-wissenschaftliche Modifikationen des Genpools verstärkte Aufmerksamkeit.
Die interdisziplinären Felder der Animal Studies und Multispecies Studies sind nicht zuletzt durch geisteswissenschaftliche Impulse zum Ort des Austauschs über mensch-tier-relevante Geschichtsforschung geworden. Im Rückgriff auf Konzepte der Science Studies der 1980er- und 1990er-Jahre zeichnen sich auch in der Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte zunehmend die Konturen einer von Tieren bewegten und belebten Geschichtsschreibung ab. Die Organisator:innen der GWMT-Tagung 2025 haken hier ein und laden Forschende aus den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften sowie aus den Natur- bzw. Lebenswissenschaften dazu ein, ihre Projekte und Erkenntnisse zur historischen Rolle von domestizierten, gezüchteten oder auch „wilden“ Tieren in den Bereichen Wissenschaft, Medizin und Technik vorzustellen. Uns interessieren Beiträge aus allen Epochen und Weltregionen.
Wiederholte Pandemien – die Influenza von 1918, neuere Vogel- und Schweinegrippen, Covid-19 – erinnern nebst endemischen Zoonosen wie Malaria an die geschichtsmächtige Koevolution von Tierkrankheiten, Tiergesundheit, Humanmedizin und Hygiene. Vor diesem Hintergrund sind Forschungen, die dem One-Health-Ansatz folgen und etwa die Umweltbezogenheit von Tierseuchen in den Blick nehmen, hochwillkommen.
In der Technik- und Mobilitätsgeschichte seit der Industrialisierung werden Tiere in ihrem Verhältnis zu Menschen und Maschinen in den Blick genommen. Dabei interessiert die Co-Agency von Tieren und Menschen bei Arbeitsleistung und Transport – in Landwirtschaft, Gewerbe, Bergbau, Personen- und Güterverkehr – bis weit ins 20. Jahrhundert. Aber auch in Antike, Mittelalter und Früher Neuzeit wurde Wissen über Tiere erzeugt, das für die Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte relevant ist, man denke etwa an die Arbeitsleistung der Nutztiere, tierische Materia medica oder Tiermetaphern in den Wissenschaften.
Von Interesse ist auch, wie Mensch-Tier-Interaktionen die Entwicklung wissenschaftlich-technologischer Messgrößen sowie von Gerätschaften jenseits von Fahrzeugen und Lastentransport geformt haben und wie tierliche Eigenschaften und Fähigkeiten im Sinne einer frühen Bionik nutzbar gemacht wurden.
Ein Desiderat stellt zudem die Auseinandersetzung mit Tieren als industriell-gewerbliche Rohstoffbasis in der Moderne dar. Ob es um Waltran als Lampenöl ging, um Rinderhäute für die Lederproduktion oder um Gelatine für die Lebensmittel- und Fotoindustrie: Solche Verfahren wurden von ingenieur- oder biowissenschaftlichen, veterinärmedizinischen oder hygienisch-infektiologischen Forschungen begleitet. Welche Verbindungen oder Diskontinuitäten ergeben sich hier etwa zu vormodernen „Tierstoff-Gewerben“ sowie zur Jagd nach und Haltung von Pelztieren?
Die Frage nach der ethischen Zulässigkeit einer Ausbeutung tierlicher Ressourcen sowie die Diskussion über das Konzept des Speziesismus verweisen auf aktuelle Konfliktfelder, deren historische Dimension auszuleuchten wäre. Dabei gilt es gleichzeitig zu beachten, dass Tiere nicht nur als Technik und wissenschaftliche Objekte funktionalisiert wurden. Vielmehr haben sie mit ihren spezifischen Eigenarten, Kompetenzen und Widerständigkeiten menschliche Handlungsspielräume erweitert oder eingeschränkt.
Mit solchen Perspektivierungen möchte die GWMT-Tagung 2025 anregen, in allen Bereichen der Geschichtswissenschaft nach tierischen Leerstellen zu forschen und diese mit empirisch oder konzeptionell angelegten Studien zu untersuchen. Leitend könnten folgende Fragen sein:
- Welche Begriffe und Konzepte sind in besonderem Maße dazu geeignet, historische Mensch-Tier-Verhältnisse in Wissenschaft, Technik und Medizin zu erforschen?
- Welche Verbindungen und neue Einsichten zwischen Wissenschaft, Medizin & Technik werden sichtbar, wenn Tiere im Zentrum der Analyse stehen?
- Vermag eine solche Mensch-Tier-Geschichte die Auseinandersetzung mit übergeordneten Forschungsdiskussionen – Kolonialismus, Postkolonialismus und Anthropozän – zu erweitern und zu bereichern?
Erwünscht sind Einzelbeiträge und Bewerbungen für ganze Sektionen. Auch Beiträge, die sich mit der Vormoderne und mit Verhältnissen außerhalb Europas und Nordamerikas befassen, sind sehr willkommen. Darüber hinaus können auch Vorschläge für Vorträge und Sektionen, die sich nicht auf das Rahmenthema beziehen, eingereicht werden.
Einzelvorträge sollen nicht länger als 20 Minuten dauern. Sektionen bestehen entweder aus vier Vorträgen oder drei Vorträgen mit Kommentar und umfassen inkl. Diskussion 120 Minuten. Die Abstracts sollen pro Einzelvortrag etwa eine halbe Seite Länge umfassen; bei Sektionen ist neben den Abstracts der Einzelvorträge eine kurze Einführung in die Sektion einzureichen. Bei gleicher Qualität werden Sektionen, die akademische Generationen überspannen, bevorzugt.
Reichen Sie Vorschläge für Sektionen oder Einzelvorträge bis zum 28.02.2025 über das Online-Einsendeformular auf: https://www.gwmt.de/veranstaltungen/aktuelle-jahrestagung/ ein.
Bitte beachten Sie: Dies ist eine Präsenztagung; Ausnahmen sind ausschließlich zum Zwecke der Barrierefreiheit möglich.
Kontakt
Gisela Hürlimann, Florian Bruns und Dorit Brixius, TU Dresden
gwmt25@tu-dresden.de
Weitere Informationen: https://www.gwmt.de/veranstaltungen/aktuelle-jahrestagung/
Source: H-Soz-Kult